Veröffentlicht in Psychologie, Sport

Spaß an Sport

Eine rein sitzende Lebensweise ist unbefriedigend, führt zu negativen körperlichen Anpassungen und kann krank machen. Der Mensch ist dafür gebaut, sich zu bewegen; Bewegung macht Freude, der Trick ist oft nur, die für einen selbst am besten geeignete Bewegungsform zu finden.

Zur Erreichung und Erhaltung körperlicher „Fitness“ werden meist Ausdauersportarten empfohlen: Laufen, Schwimmern, Wandern, Nordic Walking … und das mit gutem Grund. Tatsächlich ist Ausdauer die grundlegende konditionelle Fähigkeit, und alle diese Sportarten kosten wenig und bieten ein umfassendes Training für den ganzen Körper. Sollte man im Alltag zu wenig Zeit für Sportausübung haben, wird auch oft empfohlen, die Hausarbeit zu intensivieren, ein paar Straßenbahnstationen zu Fuß zu gehen oder mehr Treppen zu steigen.

Wenn ihr Ausdauersport jedoch langweilig und intensive Hausarbeit auch nicht recht prickelnd findet, gibt es dennoch genügend Alternativen, um „fit“ zu werden und dabei Spaß zu haben.  Studien wie Hassmén/Koivula/Uutela 2000 und Huang/Humphreys 2010 haben ergeben, dass sportliche Aktivität mit einem Anstieg positiver Emotionen verbunden ist. Aber welche Art der Bewegung uns tatsächlich Freude macht, ist sehr individuell; bei den folgenden Tipps sollte für jede und jeden von euch etwas dabei sein.

Bewegung_in_der_NaturNennt es nicht „Sport“

Wer das Wort „Sport“ nur mit Lauftraining bei Wind und Wetter oder schweißtreibender Schinderei im miefigen Fitnesscenter assoziiert, wird nur wenig Appetit auf sportliche Betätigung bekommen. Eine einfache Lösung: nennt es einfach nicht Sport. Nennt es Wandern, nennt es Tanzen. Nennt es körperliche Entfaltung. Denn genau das ist es: der Körper soll sich buchstäblich „entfalten“, eingeschränkte Bewegungsmuster aufbrechen, die Arme nach oben werfen, die Kraft der Beine spüren … und dann sucht ihr euch etwas, das euer persönliches Bewegungsbedürfnis am besten stillt.

 

Runner’s High

Eines der Argumente, mit denen Sportmuffeln gerade das Laufen schmackhaft gemacht werden soll, ist das sogenannte „Runner’s High“ – ein Rauschgefühl, das sich bei längerem Laufen einstellt. Für diesen euphorischen Zustand gibt es mehrere Erklärungsmodelle; so wird er etwa auf eine verstärkte Endorphinausschüttung während der Belastung zurückgeführt, wie auch auf den sogenannten Flow-Effekt, der eintritt, wenn man sich längere Zeit in einem Bereich der optimalen Belastung bewegt. Um den Flow zu erreichen, muss man allerdings schon eine Weile Ausdauertraining betrieben haben. Bei Schilddrüsenproblemen sollte kein Ausdauersport betrieben werden, sondern eher ein abwechslungsreiches Training mit variabler Pulsrate.

Der eigene Körper als Fitnessgerät

Um Krafttraining zu betreiben, muss man sich nicht an die stählernen Kraftmaschinen im Fitnesscenter bemühen. Unter der Bezeichnung „body weight exercises“ gibt es unzählige Übungen, die nur das eigene Körpergewicht als Widerstand nutzen und zu Hause durchgeführt werden können. Einige findet ihr hier im Workout der Woche. Mit nur fünf Basisübungen – Liegestütz, Situp, Kniebeuge, Ausfallschritt, Klimmzug – können die wichtigsten Muskelgruppen trainiert werden. Dank zahlreicher Varianten sind die Übungen für Anfänger bis zu weit Fortgeschrittenen geeignet und erfüllen die Anforderungen eines abwechslungsreichen Trainings.

Sich fordern und Erfolgserlebnisse erzielen

Es ist spannend, die Grenzen der eigenen körperlichen Leistungsfähigkeit auszuloten und zu erweitern. Das muss nicht im Rahmen organisierter Sportausübung passieren. Kinder erkunden aus eigenem Antrieb ihre Grenzen, laufen, schlagen Rad, klettern auf Bäume. Bei vielen unter Jugendlichen beliebten Sportarten geht es um Körperbeherrschung bis hin zur Akrobatik – etwa Parkour bzw. Free Running. Es steht nicht direkter Wettkampf um Zeit und Punkte im Mittelpunkt, sondern sich selbst zu fordern, sich zu verbessern und so Erfolgserlebnisse zu erlangen. Ein häufig „geliktes“ Video der eigenen Leistungen auf Youtube ist dann noch das Tüpfelchen auf dem i.

Das Körper-Puzzle

Die Rätselseiten der Wochenendzeitungen erfreuen sich großer Beliebtheit; wir lieben es, unser Gehirn anzustrengen, uns an lösbaren Aufgaben zu erproben, die uns mit einem Gefühl der Befriedigung zurücklassen. Wer Sport gerne mit „Denksport“ verbinden möchte, sollte sich Sportarten mit hohen koordinativen Anforderungen zuwenden. Das können Formen der Gymnastik sein, Yoga, Tanzen oder Kampfsport; auch Pilates erfordert hohe Präzision und Kontrolle in der Bewegungsausführung. Komplexe Bewegungsabfolgen und Choreografien fordern das Gehirn ebenso wie den Körper und trainieren das effiziente Zusammenspiel der Muskulatur.

A Game of Human Chess

Der Ringkampf, diese rasche Abfolge von Technik und Gegentechnik, wird gelegentlich als „menschliches Schachspiel“ bezeichnet. Denn der direkte Wettstreit gegen einen menschlichen Gegner, sei es beim Tennis oder im Kampfsport, fordert das Gehirn in besonderem Maße. Taktiken müssen in Sekunden entwickelt und modifiziert werden; auf die Aktionen des Gegners, der Gegnerin muss man blitzartig reagieren. Damit dies funktionieren kann, müssen Bewegungsabläufe oftmals trainiert und automatisiert sein. Ein direkter Wettstreit ist also für Körper und Geist in gleichem Maße eine Herausforderung. Und es ist tatsächlich erwiesen, dass Sport damit auch die geistige Leistungsfähigkeit trainiert.

Zusammen spielen

Sportliche Aktivität soll nicht nur einzeln betrieben werden, um in verbissener Anstrengung den eigenen Körper zu optimieren; sie soll vor allem Menschen im Streben nach einem gemeinsamen, friedlichen Ziel verbinden. Mannschaftssport fördert neben der körperlichen Ertüchtigung diese wichtige soziale Komponente im Sport. Miteinander zu trainieren, aufeinander Rücksicht zu nehmen, eine gemeinsame Identität als Mannschaft zu entwickeln, die Verständigung und Abstimmung miteinander im Spiel, schließlich das gemeinsame Feiern, das stärkt den Zusammenhalt. Mannschaftssport gilt damit als „Trainingsfeld“ für soziale Fertigkeiten.

Green Exercise

Und schließlich, wenn ihr es besonders entspannt angehen wollt: Bewegung in der freien Natur, „green exercise“, übt auf jeden Fall positiven Einfluss auf Körper und Geist aus, und zwar bereits ab etwa fünf Minuten täglich. Dies hat eine Studie der University of Essex ergeben. Dieser positive Effekt kann durch eine Vielzahl von Aktivitäten erreicht werden – laufen, wandern, spazieren gehen, reiten, Gymnastik oder auch Gartenarbeit. Eine Wasserfläche in der Nähe unterstützt die Wirkung.

Also: gemütlich an einem See entlang joggen, dann die Füße im Wasser kühlen oder ein Sprung hinein … das klingt als „Sport“ doch gar nicht unangenehm?

Autor:

Christoph Kaindel kann sich seit 30 Jahren nicht für einen beruflichen Schwerpunkt entscheiden. Er ist nicht-praktizierender Mittelalter-Historiker, auch als Fitnesstrainer und Kampfsportler ausgebildet, jedoch vorwiegend als Medienpädagoge, Grafiker, Cartoonist und Illustrator tätig. Hier schreibt er Beiträge zum Themenbereich Sport.

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